Um flächendeckende Versorgung zu garantieren, muss kurzfristig gehandelt aber auch langfristig strategisch gedacht werden.
Wo lange die Kassenarztpraxis leer steht, sollen bald Mediziner auch stundenweise einspringen können, so aktuelle Pläne der Österreichischen Gesundheitskasse. Vorerst sollen über das Pilotprojekt „Ärztebereitstellungsgesellschaft“ neun Standorte in Wien und Niederösterreich bedient werden. „Auch in Linz ist der Ärztemangel längst angekommen. Immer mehr Linzer finden kaum mehr einen Hausarzt, auch Kinderärzte fehlen. Die Idee der ÖGK über eine „Ärztebereitstellungsgesellschaft“ dem Ärztemangel kurzfristig entgegenzutreten, ist vielleicht tatsächlich eine Übergangslösung, um die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten erfüllen zu können. Ohne einer ordentlichen politischen Diskussion und ohne festgelegtes Ende dieser Maßnahme halte ich das insgesamt aber für nicht unproblematisch. Mittel- und langfristig muss die ÖGK ihrer Rolle als strategischer Partner der Gesundheitspolitik und der Ärzteschaft gerecht werden und nicht zur Personalleasingfirma für Gesundheitsberufe verkommen“, so der Linzer Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml.
„Wir brauchen eine nachhaltige Lösung des Ärztemangels, bei der die Bedürfnisse der Patienten und Mediziner entsprechend berücksichtigt werden. Dazu gehört eine leistungsorientierte Honorierung, wie es in jedem privat geführten Unternehmen selbstverständlich ist. Die ÖGK war jedoch bisher nicht in der Lage, mit den Ärzten eine vernünftige, einheitliche Honorarbasis zu finden. Das treibt viele Mediziner weg von Kassenverträgen und hin zum Wahlarztmodell.“ Jetzt den Spieß umzudrehen und die niedergelassenen Ärzte als Leistungserbringer zu Angestellten des öffentlichen Kostenerstatters zu machen, berge bei längerer Anwendungsdauer im Sinne der Patienten auch Gefahren. Dürfen Ärzte dann auch weiter frei entscheiden, was sie im Sinne des Patienten verordnen oder sage die ÖGK von vorneherein, was bezahlt wird und was nicht. Man müsse alle Auswirkungen einer solchen „Notlösung“ bedenken, stellt der Linzer Gesundheitsstadtrat klar.
Gesundheitsminister soll endlich aktiv werden und mit der ÖGK einen Masterplan zur Sicherung der Patientenversorgung durch niedergelassenen Ärzte erarbeiten.
„Seit vielen Jahren warne ich vor dem Problem des Ärztemangels in Linz und in ganz Oberösterreich. Niedergelassene Haus- und Fachärzte werden immer weniger. Diese Situationen belastet in erster Linie die patientennahe medizinische Versorgung, aber auch die Spitäler“, so Raml. Das gefährde die medizinische Versorgungssicherheit und erzeuge hohe öffentliche Kosten.
„Seit Jahren widme ich mich der Stärkung der Struktur der niedergelassenen Ärzte, versuche Anreize zu erarbeiten, um einerseits junge Ärzte im eigenen Land halten zu können und andererseits Strukturen aufzubauen, mit denen man Patienten ideal versorgen kann.“
Ein vernünftiger bundesweiter Honorarkatalog seitens der ÖGK gehöre da genauso dazu, wie eine ordentliche Lösung in der Frage von Hausapotheken. Eine moderne Ambulanzlösung um eine effiziente Aufteilung zwischen Versorgung in Spitälern und bei niedergelassenen Ärzten gehöre zu seiner Forderungsliste, wie auch ein Überdenken der Studienplatzregelung für österreichische Medizinstudenten.
„Ich habe Modelle zur kommunalen Bindung von Ärzten erarbeitet und zahlreiche Gespräche mit Patienten, Ärzten und Gesundheitsökonomen geführt, um mir ein umfassendes Bild zu machen. Wir haben in Linz mit dem Gesundheitsindikator einen eigenen Kompass für unseren gesundheitspolitischen Weg entwickelt und sind die ersten, die zum EU-Cancerplan2040 einen klaren Vorstoß unternommen haben, wie man die Ziele vielleicht doch noch erreichen kann. Bei aller Kreativität und Kraft der Stadt Linz brauchen wir dennoch von der Bundespolitik mehr Engagement im Bereich Gesundheitspolitik als 4,8 Milliarden Euro für Corona-Tests.“ Kurzfristig muss ich aus der Not heraus jede Verbesserung für die Patientenversorgung nehmen, die mir angeboten wird, mittelfristig aber lasse ich weder eine Zerstörung des freien Berufes Arzt, noch eine Notlösung als Dauerlösung für die Patienten zu, so Raml abschließend.